Wildschweingulasch unter Moslems

"Zeig mal her! - Scheisse, ist das ein Wildschwein?" 
"Jawohl! Siehst du. Mit meiner Kalashnikov geschossen."
"Wie hast du denn das geschafft? Glücklicher du!"
"Keine Ahnung. Ich lag im Gestrüpp. Plötzlich hörte ich ein Rascheln. Dachte zuerst, es wär einer von ihnen. Dann plötzlich sehe ich dieses Vieh vor mir. Ratatatata, und es lag vor mir. Vor lauter Schreck hab ich geschossen und jetzt hab ich hier Fleisch zu verschenken. Macht sich sicher gut in einer Bohnensuppe!. Nimm hier den ganzen Unterteil, bring es Vater. Der hat sicher die grösste Freude daran!" 
"Werde ich tun Bruder. Gibt es den auch was für mich?"
"Klaro. Komm nachher wieder hierher."
"Passt. Bin in einer Stunde wieder zurück. Wehe, es hat dann nichts mehr! Nicht ganz abwegig bei diesen Geiern hier um dich herum."
"Mach dir keine Sorge. Ich werde doch nicht meinen eigenen Bruder ins Leere laufen lassen!" 
Ich wickelte das Fleisch in ein Tuch, mit dem wir normalerweise die Verwundeten abdeckten. Da einiges an Kontrollen auf dem Weg bis nach Hause möglich waren, versteckte ich das Fleisch unter die Liege im Krankenwagen. Diese gierigen Soldaten würden alles etwas davon haben wollen und dann hätte Vater nichts davon gehabt.
Gut versteckt und eingewickelt, fuhr ich los. Ich musste über einen steinigen Pfad zurück. Mein Bruder und seine Einheit waren irgendwo in den Hügeln an der Kroatischen Grenze im Norden. Die Party ging dort ab. Der Krieg war kurz vor dem Ende. Die Kroatische Armee hatte aufgestockt und war kurz davor ihre grosse Offensive zu starten. 
Ich kam runter zur Hauptstrasse und bog ab nach links. Fuhr einsam über die Strassen. Erst nach 20 Minuten begegnete ich mal wieder einem Fahrzeug. Ein militärischer Jeep. Der Fahrer winkte mir zu und fuhr weiter seinem Ziel entgegen. 
Auf der Anhöhe nach Pećigrad standen die ersten Kontrolleure. 
"Wohin geht es?" fragte der kleinere von ihnen. 
"Zurück ins Krankenhaus nach Cazin. Hab dort einen Verwundeten, welcher zurück an die Front muss!" 
"Der wird mit einem Krankenwagen dort hin zurück gebracht?" fragte er mich verblüfft. 
"Was weiss ich. Ist der Bruder des Kompaniekommandanten! Luxuspacket eben." erwiderte ich ihm. 
Er nickte und wank mich durch die Kontrollen durch. Ich fuhr weiter.
Es ging den Berg rauf. Es war eine kurvige Strasse angrenzend an beiden Seiten von Bäumen und Sträuchern. Auf dem höchsten Punkt angekommen, erwartete mich die nächste Kontrolle. 
"Oha Nachbar, wie geht es dir?" 
"Sehr gut. Hab ein Packet dabei für unsere Väter. Ein bisschen Wildschwein. Frisch geschossen. Die werden sich freuen!." 
Der Gefreite war mein Nachbar. Wir gingen zusammen in die Schule und von den Weibergeschichten ausgenommen, verstanden wir uns prächtig. Er zwinkerte mir zu und wank mich ebenfalls durch. 
Es ging den Berg hinunter. Mit diesen billigen Reifen war es immer mühselig da runter zu fahren, selbst im Sommer. Die Strasse waren vollgesogen mit Fahrzeugöl, welcher immer leicht schimmernd auf der Oberfläche zu sehen war. Am Schlimmsten war es immer, wenn es gerade geregnet hatte, genau wie damals. 
Ich steuerte ruhig und im gemächlichen Tempo die Strasse hinunter. Unten angekommen, waren es nur noch drei Kilometer. 
Kurz vor der Kreuzung, bei der ich nach rechts abbiegen hätte müssen, standen sie da. Diese elenden Bastarde, die Militärpolizei. Die nahmen die Scheisse bei weitem zu ernst. Ich kurbelte das Fenster runter: "Bin auf dem Weg zum Krankenhaus. Muss dringend Medikamente abholen für die Sanitäter an der Front!" erklärte ich dem dürren Polizisten der an mein Fenster trat. 
"Was für Medikamente und für wen?" fragte er mich mit einem sehr strengen Unterton. 
"Verbandszeug und diverse verschiedene Medikamente. Ich weiss es nicht genau. Hab doch nicht nachgefragt. Es hat nur geheissen, es wäre in zwei Kisten gepackt und diese müssen abgeholt und an die Front zur 503." 
er musterte mich mit seinem Blick und antworte fordernd: "Mach hinten mal auf. Möchte sehen was du drin hast. Lass mich raten? - Nichts!" 
Ich stieg aus und ging gemütlich, trotz innerer Nervosität den hinteren Türen entgegen. Wenn sie es fänden, würden sie ein gutes Abendessen haben, aber Vater hätte nichts mehr. Ich schloss auf und öffnete beide Türen.
"Hier, nichts, sage ich doch! Aber nein, den Macker markieren müsst ihr immer!"
"Ruhe auf den billigen Plätzen!" schrie er mich an. Er stieg in den Wagen und schaute sich um. Er liess sich Zeit und inspizierte jeden Millimeter, wirklich jeden, aber auf den Gedanken unter die Liege zu schauen kam er zum Glück nicht! Er stieg wieder aus und schlug die Türen wieder zu. "Verpiss dich!" fügte er hinzu und ging zurück zu seinen Kollegen.
Ich sass mich hin und startete die Zündung. Immer diese Vollidioten dachte ich mir und fuhr los. Bei der Kreuzung bog ich nach rechts. Wenige Meter trennten mich nur noch von zu Hause. Normalerweise stehen sie vor unserem Dorf auch noch, aber an dem Tag war niemand da. Was für ein Glück. 
Ich parkte im Vorgarten unseres Hauses. Vater kam gerade raus und schaute mich verdutzt an. 
"Was machst du den hier? Du hast erst in einer Woche wieder Heimurlaub oder nicht?" 
"Du hast recht, aber ich hab da was für dich und deinen Gaumen." 
Ich holte das eingepackte frische Fleisch unter der Liege heraus und führte es vor seine Augen. "Ein Wildschwein. Vom feinsten Vater. Enes hat es erlegt!"
"Hat es also doch was gebracht euch zu zeugen!" schmunzelte er und rieb sich die Hände. "Heute Abend gibt es Gulasch und reichlich Schnaps? Frau - hol die Flaschen raus!"
Er hatte eine Riesenfreude. Er stimmte gleich ein Ständchen an: "Söhne muss man haben, Söhne muss man haben und es wird dir an nichts fehlen!". Eine seiner Eigenkompositionen, wie immer. 
Er erzählte mir eine Woche später, als ich im Heimurlaub war, wie der Abend verlaufen sei. Er habe seine ganze Kollegschaft versammelt. Zu zehnt seien sie gewesen und haben den ganzen Abend getrunken und gegessen. Einer habe sein Akkordeon mitgenommen und ein paar gute alte Lieder gesungen. Bis in den Morgengrauen seien sie draussen gewesen und hätten der Kälte getrotzt. 
Der etwas andere Kommunist hatte seine Freude und konnte diesen Abend richtig geniessen mit seinen Freunden. Immerhin er. Als ich zurückkam, hatten die Geier alles aufgegessen und mir blieben nur diese Kekse, geschmacklos und trocken, aus dem Bestand der UNPROFOR, welche ich mit dem Eintopf runterschlang. Vier Tage Eintopf hintereinander. Ohne Fleisch, ohne Geschmack. 

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